Den Besucher, der in die Amalienburg eintrat, erwartete zunächst ein heller Saal, der sein Licht nicht nur durch die acht großflächigen Fenster in den Erdgeschoßwänden empfing, sondern vor allem von den zwölf Fenstern im Obergeschoß. Die Wände waren bis zur Höhe des Hauptgesimses mit hellen Ledertapeten beschlagen, die mit goldenen Blumen und Trauben sowie mit grünem Laubwerkdekor beprägt waren[i]. Die Fenster und ihre Laibungen waren in demselben Farbton gehalten und ebenso in grün und gold mit Blumen, Trauben und Laubwerk dekoriert; auch über das Hauptgesims (d. h. die Nahtstelle zwischen Wand und Dachschräge) zogen sich grün-goldene Blumen- und Traubenmalereien.
Darüber folgten die trapezförmigen Innenflächen des Pyramidenstumpfes, die „…mit den allerlieblichsten Contrefaiten der Spielenden Göttinnen, Kindern und Satyrn“ bemalt waren[ii]. Die wandfesten Gemälde im großen Saal waren auf Kiefernbretter gemalt[iii] und in die Wandflächen und Dachschrägen eingepaßt worden. Etwas genauer hat 1822 J. C. Jürgensen diese allerlieblichsten Contrefaiten beschrieben: „Die 4 schrägen Seiten, die durch das Halbdach entstehen, sind von dem schon erwähnten Mahler Jurian Ovens, vermuthlich um 1672 u. 1673 mit allegorischen Gemählden versehen, deren Deutung schwierig ist. Es scheint mir die Darstellung eines höchst üppigen Lebens dabey beabsichtigt zu seyn, weshalb es mir daher bedenklich scheint, die einzelnen Bilder genau zu beschreiben, obgleich sie von einem Pinsel sind, der edlere und höhere Gegenstände auszuführen im Stande gewesen wäre. Mehrmals, aber ziemlich ungeschickt, sind diese Gemälde aufgefrischt worden.“[iv] Hier ist denn auch schon der Name des Künstlers gefallen: Es war kein Geringerer als Jürgen Ovens, der ‚Hofmaler’ der Gottorfer Herzöge[v], der sich auf die Anfertigung dieser „höchst üppigen“, großformatigen und mit Allegorien durchtränkten Prachtgemälde spezialisiert hatte[vi].
Ovens hatte am 2. November 1670 mit Herzog Christian Albrecht einen Vertrag über die Lieferung von „…Vier große Schildereyen, Jedes stück 36. fuß unten in die Lenge und Acht fuß hoch, worauf insonderheit die Ordinaire und handlungen guht und also sein sollen, das dieselben verendert und in dreÿ theilen separiret werden können“ abgeschlossen, wobei der Vertrag auch die Anfertigung eines großen Deckengemäldes „…mit Acht stücke zwischen den Acht Ribben der Götter Gesellschaft“ vorsah. Der Meister versprach, „…vorbesagte Zwölff stücke […] zwischen dato und ausgehenden Maÿ des anstehenden 1671sten Jahres, mit Göttlicher Hülffe zuverfertigen und zuliefern“, wobei er sich jedoch vorbehielt („…aldiweil es ein großes werck und viel Zeit erfordert“), bei dem Deckengemälde die Vorarbeiten durch Gehilfen ausführen zu lassen und selber nur letzte Hand anzulegen. Bei den anderen Gemälden gar, die in die Dachschrägen eingepaßt werden sollten, wollte Ovens nur die Entwürfe der „hangenden Vistonen und kinderlein“ liefern und die Ausführung ganz den Gehilfen überlassen. Der Preis wurde mit 2.000 Reichstalern ausgehandelt, wobei der Herzog dem Künstler auch noch eine zusätzliche „discretion“ nach Gutbefinden in Aussicht stellte; außerdem hatte er für Leinwand, Rahmen und das nötige Fuhrwerk zu sorgen[vii].
Der etwas zögerlich-pikierten Schilderung Jürgensens ist zu entnehmen, daß die Bildthematiken gerade der „ kinderlein“ wohl einen etwas derberen Charakter besaßen, als es der zart besaiteten Biedermeierzeit zuträglich war. Der heutige Leser darf sich dagegen mit Vergnügen selber ausmalen, mit welchen Darstellungen Ovens und seine „discipuli“ hier den handfesten Geschmack des Hofes zu bedienen wußten. Einen gewissen Eindruck vermittelt uns die Ovens-Skizze einer pastoralen Szene, in der sich zwei halbnackte Liebespaare zwischen Putti einem recht losen Treiben hingeben[viii].
In der Tat dürften die freizügig dargestellten Szenerien in der Amalienburg wohl recht bald einen gewissen Ruf genossen haben, denn schon um 1780 (d. h. 40 Jahre vor Jürgensens Schilderung) kursierten in Schleswig Gerüchte, nach denen Ovens hier einige amouröse Abenteuer Christian Albrechts, die „…der Herzogin zum Verdruß wirklich passirt seyn sollen“[ix], satirisch verewigt hatte. Das herzogliche Eheverhältnis scheint in der Tat schwierig gewesen zu sein[x], doch es ist mehr als zweifelhaft, daß Ovens (oder gar Christian Albrecht selbst) die Taktlosigkeit besessen haben sollte, die Amalienburg zur Demütigung der eigenen Namensgeberin zu benutzen. Es bleibt jedoch festzuhalten, daß den Malereien durchaus ein höherer Unterhaltungswert zugekommen sein muß: der Passus, wonach die Gemälde „…verendert und in dreÿ theilen separiret werden können“, läßt auf Vexierbilder schließen, deren Einzeltafeln untereinander beliebig ausgetauscht bzw. neu montiert werden konnten, um immer wieder neue amüsante Szenen zu kreieren. Das machte natürlich auch die Deutung der Darstellungen schwierig.
Trotz Göttlicher Hilfe gelang es Ovens nicht, den Liefertermin im Mai 1671 einzuhalten. Erst im August war es soweit. Die Terminüberschreitung scheint den Künstler indes nicht angefochten haben – im Gegenteil: kurz vor seiner Ankunft auf Gottorf brachte Ovens noch einen Brief an den Herzog zustande, in dem er ihn in wohlgesetzt-barocken Wendungen dezent an die versprochene „discretion“ erinnert. Er „…hoffe zu Ihro Hochfürstl: Durchl: angebohrene hohe fürstl: milte, sÿ werde, alß alstett högstloeblichste geste, Ihro liberalitet in diesem allergnädigst auch erblicken laßen“ und werde selber im Gegenzug „…für solche hochfürstl: gnade Zeit meines lebens allerunterthenigst verbunden sein, Ihro högtfürstliches lob mit worth und pencell auch nach allem eußerst Menschlichen Vermögen zu rühmen und zu dancken“ wissen[xi]. Angesichts dieser Ergebenheitsadresse erscheint es also in der Tat wenig glaubhaft, daß Ovens es gewagt haben sollte, seinen fürstlichen Auftraggeber mit pikanten Darstellungen seines Liebeslebens zu karikieren. Im Gegenteil, Christian Albrecht muß (anders als Jürgensen) mit der Arbeit des Meisters zufrieden gewesen sein, denn die erhaltenen Rentekammerabrechnungen belegen, daß Ovens insgesamt 2.810 Reichstaler für seine Arbeit ausgezahlt erhielt[xii]. Die Gemälde wurden sofort montiert, denn zur gleichen Zeit lieferte der Schleswiger Kleinschmied Bartold Severin eine größere Anzahl langer Holzschrauben zur Befestigung der „Contrafaiten“ in der Amalienburg[xiii].
Die Dachschrägen, die den Übergang zum Obergeschoß des Saales bildeten, waren natürlich konstruktiv bedingt, sie lieferten aber unfreiwillig ein sehr heimatlich anmutendes Motiv, das ebenfalls einen konstruktiven Ursprung besaß: hierbei handelte es sich um den sog. Katschur, jene schräge Nahtstelle zwischen Wand und Decke, die sich aus der nordfriesischen Ständerbautechnik ergab und die in Peseln und Dönsen mit Paneelwerk (und bisweilen auch mit darin stehenden Malereien) verkleidet wurde. Daß der Katschur ein beliebtes Attribut ‚heimatlicher Gemütlichkeit’ war, zeigt nicht zuletzt, daß wir ihn auch im herzoglichen Betstuhl der Gottorfer Schloßkapelle (und hier als reine Dekoration ohne konstruktive Notwendigkeit) wiederfinden. Es darf – allein schon angesichts der Zweigeschossigkeit des Saales - indes bezweifelt werden, daß hier die Absicht des Baumeisters vorlag, der Amalienburg einen ländlich-vertrauten Anstrich zu verleihen; immerhin ist nicht zu leugnen, daß die schrägen Flächen den Saal etwas ‚heimeliger’ machte, als wenn die Außenwand senkrecht-glatt nach oben verlaufen wäre.
Wie dem auch sei: wer seinen Blick weiter in das obere Stockwerk erhob, der sah dort die Fortsetzung des von Jürgensen monierten höchst üppigen Lebens, denn es waren „…die wände zwischen den oberfenstern mit anmuhtigen Engeln und Kleine[n] Cupidons welche Blumen Trauben, Obst, pfeile und Bogen führen vortrefflich gezieret, Zwischen den Norderfenstern führen diese fliegenden Kindlein jedes ein Stück des Königl dähnischen und Ihro Hoheiten Stam wapens.“[xiv] Die Decke besaß eine flache Wölbung und trug den buchstäblichen Höhepunkt dieser Verherrlichung des gottorfischen (und dänischen) Herrscherhauses: „…gantz oben in das Dach und verdeck dieses Saals deren 8 Crohn und Crantz Liesten verguldet, wird das portrait Ihrer Königl Hoheiten der in Gott ruhenden Hertzogin F. A. von Engeln und Göttinnen geführet, wie dann auch in den andern fächern der hochfürstl Prince und Princessinn mit den Göttern vergesellschafftet, so herrlich abcontrefait sein, daß daß werck sich selbsten am besten loben wird.“[xv] Man sieht, daß Jürgen Ovens keine leeren Worte machte, als er versprach, „…Ihro högtfürstliches lob mit worth und pencell […] nach allem eußerst Menschlichen Vermögen [zu] rühmen“. Wie weit er sich hierbei aus dem Fenster gelehnt hat, zeigt die Tatsache, daß Ovens die Porträts der herzoglichen Nachkommenschaft bereits mitlieferte, obwohl der Stammhalter Friedrich IV. (1671 – 1702) bei der Fertigstellung der Gemälde noch gar nicht geboren war[xvi] und sein Bruder Christian August (1673 – 1726) erst zwei Jahre später zur Welt kam – lediglich die kleine Prinzessin Sophie Amalie war schon vorhanden.[xvii]
Eine zweite und nicht minder aufschlußreiche Beschreibung des großen Deckengemäldes lieferte 1772 der Königl. Premierleutnant Friedrich Wilhelm v. Koch (†1784)[xviii], und er verschwieg auch nicht, wo genau der hochfürstliche Nachwuchs in spe mit den Göttern vergesellschaftet war: „In der Höhe deßelben Zimmers siehet man die Königl. Dänische Printzessin Amalia […], von welcher dieses Gebäude den Namen bekahm. Umb derselbe ihr Brustbilde siehet man einen heitern Schönen Himmel mit allerley Gottheiten und Liebes-Göttern, die mit vielen Ehrenbezeigungen umb sie schweben, zur linken Seite allerhand Scheußliche Furien, welche vor ihrem Anblick weichen und diese heitere Himmelsgegend verlaßen. Aus den Obern Wolken der Printzeßin windet sich eine Purpur Rothe Decke herunter bis zur Mittelsten Etage und umgiebet ein junges Kind in Frauenzimmer Fürstlichen Habit gekleidet [[xix]] , unter der Aufsicht vielerley Tugenden, die das Fürstliche Kind der Ballas übergeben. Sie empfängt es liebreich und weißt ihr den Alten Künstler in der Ecke, der sie durch seine Kunst verewigen soll [[xx]] . Von der Rechten Seite ist ein lächerlicher Einfall angebracht. Es stellet einen Armen Jungen Schul Knaben vor, der mit seine ABC Buch gantz Frühe bey der Morgen Stundte zur Schule geht, welchen die Morgen Stundte zur Zeit führt, worüber der Knabe der Ungemächlichkeit wegen unlustig sich darüber an die Ohren kratzt. Die andern 3 Theile im Zimmer siehet man die Vier Jahrs Zeiten auf das allerreitzende nach der Heydnischen Alten Götter Lehre vorgestellt Hier kann man sich über die Mahlerey und der manichfältigen und seltenen Einfälle deß Künstlers nicht genug verwundern, man muß sagen von ihm, daß sie fast unerschöpflich gewesen sind.“[xxi]
Die letzte, 5 Jahre vor dem Abbruch der Amalienburg entstandene Beschreibung Jürgensens entschlüsselt uns schließlich, wie sich dieses wirkungsvolle Gruppenbildnis aus Mitgliedern des Fürstenhauses, der alten heidnischen Götterlehre und scheußlichen Furien in den acht Gewölbefeldern verteilte: „In dem ersten Felde an der Westseite ist Mars vorgestellt, wie er aus der Schlacht zurückkehrt, und Venus mit dem Taubengespann ihm entgegen kömmt. In dem 2ten Felde ist Minerva vorgestellt; in dem 3ten Felde, gegen Norden, Diana. Das 4te Feld enthält das Bildniß der Herzogin Amalia, welcher zu Ehren das Gebäude errichtet und benannt wurde. In dem 5ten Felde gegen Osten sind Jupiter und Juno; in dem 6ten Felde Apoll und die Musen dargestellt. Das 7te Feld gegen Süden enthält die Abbildung des Phöbus mit dem Sonnenwagen; das 8te die der Ceres und Flora.“
Man darf vermuten, daß die Bildübergänge – trotz der dazwischenliegenden „Crohn und Crantz Liesten“ fließend waren. Da Jürgensen überdies vier der Bildfelder explizit als nach Westen, Norden usw. gewendet erwähnt, ist es zulässig, die Bildverteilung so zu wählen, daß die Fächer windmühlenflügelartig verteilt lagen[xxii](Abb. 14). Daß Phöbus mit dem Sonnenwagen dabei der südlichen Himmelsrichtung zugeordnet war, Mars dem Westen, Jupiter dem Osten und daß die Jagdgöttin Diana im Norden – zum Tiergarten hin[xxiii] – saß, gehörte natürlich zu den versteckten Sinnfälligkeiten des Barock, und es ist in diesem Sinne nicht auszuschließen, daß auch die Placierung Friederike Amalies im nordöstlichen Segment (also in Richtung Kopenhagen weisend) ebenso bewußt gewählt war, wie ihre diametrale Gegenüberstellung mit Ceres und Flora, den Göttinnen der Fruchtbarkeit und Ernte[xxiv].
Auch hier hat sich glücklicherweise in einer Kopenhagener Privatsammlung eine Ovens-Skizze erhalten, die uns einen gewissen Eindruck des Deckengemäldes vermittelt. Die kleine Zeichnung ist stark auf Untersicht angelegt und ihre Thematik (weinlaubbekränzte Figuren mit Flöte, Putten usw., die sich auf Wolken tummeln) paßt überdies sehr gut zu dem, was die Beschreibungen der Gemälde besagen, so daß ein Zusammenhang mit der Amalienburg ohne weiteres denkbar ist[xxv].
Kurzum: Der große Saal spannte einen weiten Bogen vom Garten (unten) in den antiken Götterhimmel resp. zum dänischen Königshaus (oben), wobei einige muntere Szenen aus der Satyrwelt (Dachschräge) den Übergang zwischen den beiden Sphären herstellen mußten[xxvi]. Auf den ersten Blick schien das Lusthaus seinen Zweck also ganz in sich selbst zu tragen – stellte doch der zentrale Raum eine einzige Apotheose der dänischen Prinzessin dar. Nichts anderes konnte hier stattfinden, als daß der Besucher staunend nach oben schaute und sich am Anblick des Göttergewimmels weidete. Es ist bezeichnend (und bedauerlich), daß selbst der sonst so akribische C. A. Thomsen hier nur noch am Rande wahrnahm, daß der Fußboden „mit schönen fliesen belegt“[xxvii] war, sich aber (wie sonst im Inventar) über dessen Material, Verlegeart usw. nicht äußert. Immerhin zeigt die Formulierung, daß Material und Verlegeart etwas anspruchsvoller gewesen sein müssen, als die herkömmlichen Öländer Platten. Mit Sicherheit ist von einem gemusterten Boden auszugehen.
[Zeichnung links: aus Schmidt1922, rechts: Verfasser]
- Anmerkungen -
[i] Bauinventar, S. 634. Am 26. 5. 1672 wurden an „Johan Lammers von Oßnabrük für von Ihm erhandeltes undt geliefertes Goldlehder nach des Newen wercks Lusthause, einhalt des von Ihr Durchl. selbß unterschriebenen Zettels undt der Quitung…“ 510 Reichstaler gezahlt (LAS Abt. 7 Nr. 2349, Rentekammerrechnung 1672, fol. 95 v.). Das Gottorfer Möbelinventar von 1695 (LAS Abt. 7/169) notiert hier: „In der Amalienburg ist es unten mit grünen Goldt Leder bezogen, oben aber gantz bemahlet.“ [ii] Bauinventar, ebd. [iii] Petersen 1720, S. 866 § 32. [iv] Jürgensen 1822, S. 161. [v] Ovens war indes nicht am Hof fest angestellt, sondern behielt seine künstlerische Selbständigkeit. Das eigentliche Amt des Hofmalers bekleidete zu jener Zeit Johannes Müller (vgl. Schmidt 1922, S. 21 u. Weilbach 1995). [vi] Vgl. dazu Drees 1997. [vii] LAS Abt. 7 Nr. 167, Vertrag v. 2. 11. 1670 zwischen Herzog Christian Albrecht und J. Ovens. Des Aussagewertes halber soll diese Quelle hier vollständig wiedergegeben werden: „Zuwißen dß zwischen dem Hohen erwürdigsten durchlauchtigsten Fürsten und Herrn, Herrn Christian Albrechten Erben zu Norwegen &c Unserem gnedigsten Fürsten und Herrn, und Herrn Jürgen Owens in Friedrichstadt, nachfolgende Handlung resp: gnedigst und bestendig beliebet und versprochen: Es soll und wil gemelter Jürgen Owens Zu dem Neuerbaueten Lusthause aufm Neuenwercke Vier große Schilde-reyen, Jedes stück 36. fuß unten in die Lenge und Acht fuß hoch, worauf insonderheit die Ordinaire und hand-lungen guht und also sein sollen, das dieselben verendert und in dreÿ theilen separiret werden können, Der Kübell soll durch und mit Acht stücke zwischen den Acht Ribben der Götter Gesellschaft ordinirt und perfectirt werden, welche vorbesagte Zwölff stücke Er zwischen dato und ausgehenden Maÿ des anstehenden 1671sten Jahres, mit Göttlicher Hülffe zuverfertigen und zuliefern versprochen, dabeÿ aber sich vorbehalten, aldiweil es ein großes werck und viel Zeit erfordert, dß ihm freie Discipuli daran zur Handt gehen und helffen mögen, die ordonancien, herausführung und entliche perfection aber von ihm selber alleinig verrichtet werden soll. Die übrigen plätze betreffend, etwan die vier untersten Stücke bis an die Kübell gehen, sollen unten mit hangenden Vistonen und kinderlein von ihm Jürgen Owens inventirt, und ohne freie Kosten von andern verfertiget und ausgemacht werden. Für obberührte Arbeith haben höchstgned: I: Fürstl: Durchl: nach vergnügeter liefferung Zweÿtausent Rthlr: zu zahlen, worauff dieses fürstl: versprechen und noch darüber nach befindung eine fl: gn: discretion zugeben Imgleichen die tücher Rahmen und fuhren a part zuhalten und ihn zu contentiren. Uhrkundl: ist dieser Contract in duplo ausgefertiget, von höchstgned: I: F: Durchl: mit dero [.?.]petschafften „A“ handtzeichen und vorgemerkten Cammersecret volzogen, Imgleichen auch von Jürgen Owens unterschrieben und verpitschafftet, Gegeben auf dem Fl: Residentzschloße Gottorf den 2ten Novemb: a o 1670.“ Discipuli = Schüler bzw. Gesellen; Kübell = Giebel, d. h. die Innenflächen des obersten Pyramidendaches; Vistonen = Festons; Petschafft = Petschaft, Siegelstampfe; verpittschafften = siegeln. [viii] Vgl. Drees/Spielmann 1997, Abb. dort S. 505, Erläuterung S. 591; J. Drees verweist hier – und sicher zu Recht – auf einen direkten Zusammenhang der Skizze mit der Amalienburg. [ix] Vgl. ebd; Drees gibt dabei auch die oben erwähnten, 1792 niedergelegten Erinnerungen eines Schleswigers wieder (Schleswigsche Kunst-Beyträge von 1792), der dem Hörensagen nach behauptet („…Vor etwa 12 Jahren hat einer von uns mit Jemand gesprochen […]“), die Malereien seien eine Satire auf den Herzog gewesen und jede der Nymphen stelle eine seiner Konkubinen vor. Der Premierleutnant Friedrich Wilhelm v. Koch berichtet in einer 1772 niedergelegten Beschreibung der Amalienburg (vgl. Schlee 1968, S. 13 – 16) von einem Schleswiger Kunstliebhaber Geben oder Gebe (beide Schreibweisen kommen vor), der seinerseits bei einem Kopenhagen-Aufenthalt 1738 (!) noch einen hochbetagten Ovens-Schüler namens Magnus Jürgensen kennengelernt haben wollte. Man darf hier wohl die Quelle der Gerüchte vermuten. [x] Andersen 1934, S. 324f. [xi] LAS Abt. 7 Nr. 197, Schreiben v. 23. 8. 1671 J. Ovens an Herzog Christian Albrecht. Auch diese Quelle soll hier zum Vergnügen des Lesers vollständig zitiert werden: „Waß auf Ihro Hochfürstl. Durchl: meines Gnädigsten Fürsten und Herrn befehl, folgens dem fürstl: contract, ich in allerunterthänigkeit auf Amalienburg geliefert habe - - Im selbigen contract lauten die Hochfürstl: worte also, für obberürte arbeit haben Ihro Hochf: Durchl: nach vergnügter lieferung Zweÿtausent Rthlr: zu zahlen auff dieses Fürstl: Versprechen, u noch dahrüber nach befindung Ein Fürstl: Discretion zu geben: wan mein Gnädigster Fürst u Herr, ich mich in dieser außführung so betragen habe, das auch der augenschein es giebet, wÿ ich keine arbeith darinnen entnommen habe besondern, ein überfluß u alleruntertenigste treuwilligkeit hab bewießen. Alß hoffe [ich] zu Ihro Hochfürstl: Durchl: angebohrene hohe fürstl: milte, sÿ werde, alß alstett högstloeblichste geste, Ihro liberalitet in diesem allergnädigst auch erblicken laßen u: mit Gnädigster u: hochfürstl: sorgfalt aber Zahlungs [?], Ihrem schwachen diener erfreundlichst zu Hause laßen [?], u ich werde für solche hochfürstl: gnade Zeit meines lebens allerunterthenigst verbunden sein, Ihro högtfürstliches lob mit worth und pencell auch nach allem eußerst Menschlichen Vermögen zu rühmen und zu dancken habe. Was Ihro Hoheit meine Gnädigste Princesse Ihro untergeschriebene Rechnung gemäß, u Ihro Hochfürstl. vermögen weniges [?] ohne obberührtes, ist, in allerunterthänigkeit einzubringen wissen, Der Allwaltende Gott schütze Ihro Hochfürstl: Durchl: beÿ langem langem hochfürstl: wolergehen, u ich bin Euw: Hochfürstl. Durchl: allerunterthänigster diener J: Ovens d 23 Aug: 1671 vor Gottorf“ Die mit [?] markierten Stellen bleiben in ihrer Bedeutung dunkel; eine andere Lesart ist aber ausgeschlossen. [xii] LAS Abt. 7 Nr. 2347, Rentekammerrechnung 1671 (Beilagen), fol. 6 r. u. 6 v. [xiii] LAS Abt. 7 Nr. 2352, Rentekammerrechnung 1671 (Beilagen), fol. 12 r. – 15 v. Die Tatsache, daß die Gemälde mit Schrauben befestigt wurden, die sich problemlos wieder lösen ließen, paßt gut zu der Annahme, daß es sich hierbei um austauschbare Vexierbilder handelte. [xiv] Bauinventar, S. 634f. [xv] Ebd., S. 635. F. A. = Friederike Amalie.[xvi] Friedrich IV. kam erst zwei Monate später; er wurde am 18. 10. 1671 geboren (Lohmeier 2006b, S. 71). [xvii] Sophie Amalie wurde am 19. 1. 1670 geboren (ebd.). [xviii] Vgl. Schlee 1968. [xix] Es dürfte sich hierbei wohl um Sophie Amalie gehandelt haben. Hierbei ist jedoch zu bedenken, daß man in jener Zeit bis zu einem Alter von ca. 6 Jahren noch keinen Unterschied zwischen Jungen- und Mädchenkleidung machte. [xx] Dieser „Alte Künstler“ befand sich v. Koch zufolge „sitzend in der Ecke linker Hand“ dargestellt (Schlee 1968, S. 14), was posthum freilich keine befriedigende Lokalisierung ermöglicht. v. Koch hielt das Bildnis für ein Selbstporträt Ovens’, was jedoch mit Sicherheit auszuschließen ist (ebd.). „Ballas“ = Pallas Athene (v. Koch stammte aus Thüringen). [xxi] Zitiert nach Schlee 1968, S. 14f. Die Formulierung, nach welcher der Schuljunge „bey der Morgen Stundte zur Schule geht, welchen die Morgen Stundte zur Zeit führet“, beschreibt wohl eine allegorische Darstellung der Tageszeiten. [xxii] Dies deckt sich auch mit der Darstellung in der Bauzeichnung. [xxiii] Hier wurde halbzahmes Wild für Jagden gehalten. [xxiv] Die Fruchtbarkeitssymbolik, die uns auch schon im Portalgewände begegnet ist, stellte in der Amalienburg nicht nur den fälligen Bezug zum Garten her, sondern war natürlich auch eine Anspielung auf den erhofften Kindersegen Friederike Amalies. Ein ebenfalls von Ovens angefertigtes, auf 1666 datiertes Gemälde zeigt uns in leuchtenden Farben das verlobte Herzogspaar, dem die Göttin Pomona Früchte überreicht (aufbewahrt im Dänischen Nationalhistorischen Museum auf Schloß Frederiksborg; Abb. u. a. in: Rasmussen et al. 2005, S. 141). [xxv] Vgl. dazu Schmidt 1922, S. 51 u. 239. Als erster verwies Drees 1989 auf S. 103 – und auch hier schon sicher zu Recht - auf einen möglichen Zusammenhang zwischen dieser Skizze und der Amalienburg. Ich danke Frau Dr. F. Lühning/ Schleswig für diesen Hinweis. [xxvi] So ungemein reizvoll diese Aufgabe auch wäre: von einer farbigen Rekonstruktion der Innenräume mußte Verf. wegen der zahlreichen Unsicherheiten, die bezüglich des Dekors, der Gemälde usw. bestanden, leider Abstand nehmen. [xxvii] Bauinventar, S. 635.