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GOTTORFER GLOBUS

 

ARCHITEKTUR IM BAROCKEN NIEMANDSLAND -

die Gottorfer Amalienburg

Entibi quadra domus, quæ parva est tota venusta / Amaliæ: burgi nobile nomen habet. / Christianus Dux Albertus, generosus is Heros / In decus uxoris conditit arte nova. / Hæc domus includens Charite omnesque à Lepores, / Amaliæ ob Laudes audit amata domus. [[1] ]

Ulrich Petersen 1720

daß Schöne Lusthauß Amalien-Burg genandt
 
Daß der Gottorfer Neuwerkgarten einstmals eine reiche und staunenswerte Ausstattung besaß, ist seit langem bekannt. Unter den Architekturen stach bislang hauptsächlich das sog. Globushaus hervor, dessen Entwurf und Konzeption vor allem dazu geeignet war, alle anderen Gebäude im Neuwerk in den Schatten zu stellen[i]. Der folgende Aufsatz soll den Leser in dieser Hinsicht eines Besseren belehren und ihm ein Bauwerk vorstellen, das dem Globushaus hinsichtlich seiner Exotik zumindest ebenbürtig war, es in seiner Prachtentfaltung jedoch weitaus übertraf: „daß Schöne Lusthauß Amalien-Burg genandt[ii]. Das Gebäude stand auf der obersten Terrasse am nördlichen Ende des Neuwerkgartens und bildete somit den wichtigen point-de-vue der Gartenanlage.

Inwieweit dieses Lusthaus von vorneherein der dänischen Erbprinzessin Friederike Amalie (1649 – 1704), Gemahlin von Christian Albrecht, Herzog von Schleswig-Holstein-Gottorf (1641 – 1695), gewidmet war[iii], ist – gemessen an der ‚Behördensprache’ des Gottorfer Fiskus’ – unsicher. In den Rentekammerabrechnungen erscheint das Gebäude stets nur als „das newe lusthaus aufm newenwercke“. Im großen Gottorfer Bauinventar von 1708[iv] heißt es jedoch ausdrücklich „daß […] Hochfürstl: Lusthauß Amalienburg welches von dem in Gott ruhenden, Hertzog Christ: Albrecht, Ihro Königl Hoheiten Dero Hochfürstl: Gemahlin Zu Ehren auff führen laßen und nach Ihrem Namen ist genennet worden[v]; nimmt man dazu noch die Innenausstattung (von der ausführlich zu reden sein wird), so ist dieses Gebäude in der Tat als Hommage an Friederike Amalie zu betrachten[vi]. Doch es dürfte nicht nur ein galanter Zug des Herzogs gewesen sein, der ihn dazu trieb, seiner Frau dieses Lustschlößchen zu errichten. Betrachtet man nämlich die notorisch schlechten Beziehungen Gottorfs zur dänischen Krone, so könnte das Bauvorhaben möglicherweise auch aus wohlbedachtem politischem Kalkül durchgeführt worden sein. Die 1667 erfolgte Heirat zwischen Christian Albrecht und Friederike Amalie stellte eine Maßnahme zur Konfliktminderung dar, und entsprechend ließe sich auch der Bau der Amalienburg 1669/’70 unter das Motto ‚Vertrauenbildende Maßnahmen’ stellen. Damit handelte es sich bei dem Bauwerk also nicht nur um den fälligen Abschluß des Neuwerkgartens, sondern auch um eine Huldigung an die dänische Erbprinzessin – und wahrscheinlich indirekt an das dänische Königshaus. Allerdings kamen dem Gebäude auch noch andere und etwas überraschende Funktionen zu.

[Zeichnung: Verfasser]

- Anmerkungen -

[i] Vgl. dazu Lühning 1997. [ii] Schleswig-Holsteinisches Landesarchiv, Abt. 7 Nr. 6826; im Folgenden zitiert als: Bauinventar (hier: S. 625f). [iii] Zur Biographie Christian Albrechts und Friederike Amalies vg. Lohmeier 2006a und b sowie Andersen 1934. [iv] Bauinventar S. 626f. Verfasser konnte durch jüngste Forschungen nachweisen, daß das Bauinventar von dem Gottorfer Bauinspektor Christian Albrecht Thomsen und dessen Kollegen, dem Baumeister und Kontrolleur Hinrich Schwartz stammt. Thomsen wurde im Oktober 1708 von Fürstbischof Christian August mit der Anfertigung des Inventars beauftragt (LAS Abt. 7 Nr. 184); er war es auch, der die Beschreibung der Amalienburg lieferte. Verfasser bereitet z. Zt. in Zusammenarbeit mit dem Schleswig-Holsteinschen Landesarchiv eine kommentierte Gesamtausgabe dieses höchst bedeutenden Dokumentes vor. [v] Im Gegensatz dazu ist die Bezeichnung ‚Friedrichsburg’ für das Globushaus nachweislich erst eine Erfindung des Schleswiger Rechtsgelehrten und Lokalchronisten Ulrich Petersen gewesen, die er möglicherweise als sprachliches Pendant zur Amalienburg schuf (vgl. Lühning 1997, S. 12). In diesem Zusammenhang sei darauf hingewiesen, daß die heute so beliebte Bezeichnung „Fürstengarten“ für die Terrassenanlage nördlich des Schlosses eine Erfindung jüngerer Zeit ist. Das Gelände hieß seit seiner Erschaffung „das newe werck“ bzw. Neuwerk oder Neuwerkgarten; der Bereich um das Globushaus hieß „Lustgardte“ d. h. Lustgarten. [vi] Auch Reyher 1693 S. 50 bezeichnet das Gebäude schon als „Palatium venustissimum in gratiam Serenissimae Conjugis exstructum, & de ejusdem nomine Amalienburgum dictum“.